Kleine Regelkunde nach den Regeln der ITF
Um den Tennissport fair zu spielen, sollte man die eine oder andere Regel kennen und danach handeln. Oberschiedsrichter Matthias Wilczek (WTHC) möchte anhand der unten aufgeführten Praxisbeispiele versuchen, WTHC-Mitgliedern das Regelwerk der Internationalen Tennis Federation (ITF) näherzubringen.
Jeder hat Entscheidungshoheit auf seiner Seite des Platzes
Praxisbeispiel: Ein ballspielender Spieler gibt einen Ball, der knapp hinter der Linie aufgekommen ist, „aus“. Der Gegenspieler bezweifelt dessen Entscheidung und bittet ihn, ihm den Abdruck zu zeigen, denn er meint, einen Abdruck, der die Linie berührt hatte, gesehen zu haben. Der ballspielende Spieler stimmt einer Besichtigung zu (ohne dessen Zustimmung darf man die Gegenseite nicht betreten, das ist ausdrücklich untersagt). Der Gegenspieler zeigt ihm einen Abdruck, der tatsächlich die Linie berührt hat. Es ist somit eine Pattsituation entstanden, jeder hat seinen eigenen Abdruck und ist sich sicher, im Recht zu sein. Beide können sich nicht einigen, welcher Ballabdruck nun der richtige ist, und entscheiden auf „zwei Neue“ – ist das richtig?
Auflösung: Nein, der Punkt muss an den ballspielenden Spieler gehen, er hatte die Entscheidungshoheit und hat auf Aus entschieden, denn jeder entscheidet auf seiner Seite. Allerdings kann ich verstehen, dass, wenn sich beide Seiten unsicher sind, der Punkt neu ausgespielt wird, aber nach den ITF-Regeln ist die Entscheidung auf „zwei Neue“ falsch.
Behinderung eines Spielers während des Spiels
Regel: Wird ein Spieler behindert, während der Ball sich im Spiel befindet, ist der gesamte Punkt zu wiederholen (ein Spieler kann sich allerdings nicht selber behindern).
Praxisbeispiel: Spieler A schlägt auf, Spieler B returniert, beim nächsten Rückschlag von Spieler A rollt ein Ball vom Nebenplatz ins Feld, Spieler B ruft „stopp“ und spielt den Ball nicht mehr zurück. Spieler A reklamiert den Punkt für sich, da Spieler B seiner Meinung nach nie an den Ball gekommen wäre – ist das richtig?
Auflösung: Nein, der Punkt ist zu wiederholen, da Spieler B sich von dem Fremdball gestört fühlte. Ob Spieler B an den Ball gekommen wäre, ist spekulativ und somit nicht relevant.
Ein Ball fällt beim Spiel aus der Hosentasche
Praxisbeispiel: Spieler A schlägt auf und gleichzeitig fällt ihm ein Ball aus der Hosentasche, der Aufschlag geht ins Netz. Spieler A lässt den Spieler B wissen, dass er sich vom fallenden Ball gestört fühlte und will den Aufschlag wiederholen – ist das richtig?
Auflösung: Nein, Pech gehabt: Er hat sich selbst behindert, es folgt der zweite Aufschlag.
Spielabbruch bei Punktspielen wegen Zeitverzögerungen
Praxisbeispiel: Bei einem Punktspiel kommt es zu Zeitverzögerungen, was dazu führt, dass die Doppel sehr spät begonnen werden. Beide Mannschaftsführer sind sich uneinig, bis wann gespielt werden darf.
Auflösung: Die Wettspielordnung gibt vor: Spielabbruch erfolgt aufgrund von Dunkelheit 30 Minuten nach Sonnenuntergang. Das Spiel muss bei gleicher Aufstellung neu terminiert werden.
Coaching von ausserhalb des Platzes bei Punktspielen
Praxisbeispiel: Bei einem Punktspiel unterstützen die Mannschaftsmitglieder einen Spieler vom Zaun aus durch Coaching. Auch wenn es den Mannschaftsgeist stärkt, aber Coaching von außen ist nicht erlaubt. Dies gilt auch für Eltern, deren Kinder beim Mannschaftsspiel auf dem Platz stehen.
Auflösung: Mannschaftsführer und/oder ein Spielerbetreuer dürfen nur beim Seitenwechsel auf dem Platz coachen. Bei Einzelturnieren ist Coaching grundsätzlich nicht erlaubt, weder auf dem Platz noch von außerhalb.
Aufschlag von der falschen Seite
Praxisbeispiel Aufschlag (1): Aufschlag von der falschen Seite, der Punkt ist gespielt.
Auflösung: Der Punkt zählt, Seite bitte sofort korrigieren.
Praxisbeispiel Aufschlag (2): Aufschlag von der falschen Seite, der Spieler hat aber schon einen Aufschlagfehler gemacht.
Auflösung: Seite muss korrigiert werden, es erfolgt der zweite Aufschlag.
Falscher Aufschläger im Doppel
Praxisbeispiel Aufschlag (1): Der falsche Aufschläger schlägt im Doppel auf.
Auflösung: Punkt zählt, sofort korrigieren, Aufschlagfehler zählt auch, korrigieren, mit dem zweiten Aufschlag weitermachen.
Praxisbeispiel Aufschlag (2): Der Rückschläger im Doppel wurde vertauscht.
Auflösung: Die Aufstellung bleibt bis zum Ende des Spiels; fürs nächste Returnspiel zurück zur ursprünglichen Aufstellung.
Seitenwechsel vergessen
Praxisbeispiel: Der Seitenwechsel wurde vergessen.
Auflösung: Gespielte Punkte zählen, Seitenwechsel sofort nachholen, das gilt auch beim Tiebreak.
Kleidung bei LK-Turnieren
Praxisbeispiel: Ein Spieler nimmt an einem LK-Turnier teil und trägt ein Shirt mit Vereinslogo.
Auflösung: LK-Turniere sind keine Vereins-, sondern Einzelturniere, das Tragen von Vereinssportkleidung gilt somit als Werbung und ist infolgedessen nicht erlaubt. Bitte neutrale Tenniskleidung tragen.